Italien wählt rechts – jetzt urteilt der Markt

Erwartungsgemäß hat das rechte Bündnis die Parlamentswahl in Italien gewonnen. Jetzt nimmt die Sorge zu, dass Rom und Brüssel wieder in Streit geraten. Italien profitiert zumindest aber vom neuen EZB-Instrument TPI, das größere Spreadspitzen abfedern soll.

 

Italien hat gewählt. Die große Wahlsiegerin heißt Giorgia Meloni mit ihrer Partei Fratelli d’Italia (FdI). Wie von den Demoskopen erwartet, erreicht die rechtsnationale Partei nach Auszählung von mehr als 90% der Stimmen eine Zustimmung von rund 26%; die rechten Parteien erlangen in Summe etwa 44% der Stimmen und weit mehr als 50% der Parlamentssitze. Angesichts des klaren Wählervotums wird Staatspräsident Mattarella aller Voraussicht nach FdI-Chefin Meloni mit der Regierungsbildung beauftragen.

 

Wie schon 2018, als die Lega und die Fünf-Sterne-Bewegung ein Bündnis eingingen, droht trotz beschwichtigender Äußerungen Melonis auch dieses Mal Ärger mit Brüssel. Konflikte sind vor allem in der Migrationspolitik vorprogrammiert. Hier planen Meloni und Salvini gleichermaßen deutliche Verschärfungen bei der Aufnahme von Flüchtlingen, was gegen EU-Regeln verstoßen könnte. Aber auch bei der Verwendung der Gelder aus dem EU-Wiederaufbaufonds (NGEU) dürfte die neue Regierung auf Änderungen der bisherigen Vereinbarung drängen. Weniger Streitpotenzial besteht aktuell hinsichtlich der Haushaltsplanung. Die Regeln des Wachstums- und Stabilitätspaktes wurden zu Beginn der Corona-Pandemie außer Kraft gesetzt und etliche EU-Länder drängen ohnehin auf eine Reform der bisherigen Regelungen.

 

Die zuletzt ruhige Lage an den Märkten könnte schon bald durchaus einem Test unterzogen werden. Eine erste Bewährungsprobe für Frau Meloni dürfte die Besetzung der Ministerposten, vor allem das Amt des Finanzministers sein. Aus Investorensicht wäre die Wahl eines Fachmanns als Finanzminister die bevorzugte Variante. Entscheidet sich Meloni dennoch für einen führenden Politiker des rechten Lagers, könnte die Unruhe im Kreise der Investoren unter Umständen schnell zunehmen, insbesondere wenn dieser die Konsolidierung der Staatsfinanzen nicht priorisiert. Sollte sogar der Staatspräsident, wie vor vier Jahren geschehen, seinerseits Bedenken anmelden, kann Mattarella aber auch die Ernennung eines Ministers verweigern. Steht die Koalition, wird der Markt mit Argusaugen darauf schauen, welche Haltung die neue Regierung gegenüber der EU einnimmt. Aufkommender Streit, auch wenn es sich nicht um fiskalische Themen im engeren Sinne handelt, würde sicherlich zu einer Zunahme der Risikoaversion führen. Im Unterschied zu 2018 profitiert Italien aber vom neuen EZB-Instrument TPI, das abrupte und massive Spreadbewegungen abfedern soll.

--Daniel Lenz


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