Rumänien sendet Pro-EU-Signal

Rumänien drohte vor der Stichwahl um das Präsidentenamt einen EU-skeptischen Kurs einzuschlagen. Doch mit dem Sieg des neuen Präsidenten Dan ist dies zunächst abgewendet. Nichtsdestotrotz steckt das Land weiter in der Krise. Es wird dringend eine neue Regierung gesucht, die die Staatsfinanzen wieder unter Kontrolle bringt.

 

 

Bei der Stichwahl um das rumänische Präsidentenamt konnte der als Unabhängiger angetretene Nicușor Dan gegen seinen politischen Wettbewerber, der Rechtspopulist und Mitgründer der rechtspopulistischen Partei Rumäniens, George Simion, überraschend gewinnen. Dan erhielt 53,6% der Stimmen, während Simion nur 46,4% der Stimmen hinter sich vereinen konnte. Die Wahlbeteiligung lag mit 64,72% so hoch wie seit 1996 nicht mehr.

 

Für Rumänien stand mit der Wahl viel auf dem Spiel, denn die Finanzmärkte hatten bereits einen Sieg des Rechtspopulisten Simion erwartet und gefürchtet. In der Folge waren in den vergangenen Tagen die Risikoprämien für rumänische Staatsanleihen nach oben geschossen und die Währung des Landes, der Leu, wertete stark ab. Mit dem Sieg Dans ist nun zwar ein großer Stolperstein aus dem Wege geschafft, aber Investoren sollten sich trotzdem nichts vormachen – die aktuelle Krise des Landes ist noch nicht zu Ende. Der neue Präsident muss zunächst einen neuen Premier ernennen. Dieser wird dann abermals eine neue Koalition ausloten müssen. Der wahrscheinlichste Fall ist hierbei eine Neuauflage aus einem Bündnis zwischen den Sozialdemokraten, den Nationalliberalen und der Vertretung der ungarischen Minderheit. Diese Koalition hatte bereits seit der letzten Parlamentswahl vom Dezember 2024 zusammengearbeitet, ist aber zerbrochen, weil sie das Ergebnis der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen als Votum gegen sich verstanden hat. Dies dürfte nun sicherlich wieder uminterpretiert werden. Zudem sollte keiner der Koalitionäre auf Basis der aktuellen Umfragen ein Interesse daran haben, es auf Neuwahlen ankommen zu lassen. Lediglich die Rechtspopulisten von George Simion können im Vergleich zur letzten Wahl deutliche Zugewinne in den Umfragen aufzeigen.

 

Der Markt für rumänische Staatsanleihen atmet heute Morgen zunächst auf. Die generelle Unsicherheit dürfte aber kaum verschwinden. Das Land am Schwarzen Meer muss dringend seine Fiskalpolitik konsolidieren. Das Budgetdefizit droht völlig auszuufern. Im vergangenen Jahr verzeichnete Rumänien mit 9,3% des BIP das höchste Budgetdefizit der EU. Der Interimsfinanzminister hatte im Vorfeld der Stichwahl nochmals bekräftigt, dass seitens der Fiskalpolitik alles getan werde, um das Defizit in diesem Jahr zumindest auf 7,0% des BIP zu senken. Trotzdem wäre dies immer noch im EU-Vergleich sehr hoch. Eine Beruhigung der Gesamtlage dürften Anleger wohl erst dann sehen, wenn die rumänische Politik wieder stabiler ist und glaubwürdiger die Haushaltssituation in Angriff nimmt. Bis eine politische Stabilität zurückkehrt, sollte aber noch einige Zeit vergehen.

 

-- Sebastian Fellechner