EU-Verteidigung: Europas 150 Milliarden Euro Antwort auf Trump und Putin

Die EU soll 150 Milliarden Euro für die europäische Verteidigung finanzieren, die als Darlehen an die Mitgliedstaaten vergeben werden. Die Hauptlast der höheren Verteidigungsausgaben bleibt aber bei den einzelnen EU-Ländern. 
 


Die zweite Amtszeit Trumps hat auch in der europäischen Sicherheitspolitik eine Zeitenwende eingeläutet. Die Frage nach der Notwendigkeit höherer Verteidigungsausgaben hat EU-Ratspräsident António Costa zuletzt klar auf den Punkt gebracht: „We're not discussing the 'if' anymore, we're discussing the 'how'.“ Nicht nur in Deutschland sollen daher die Verteidigungsausgaben steigen, sondern in ganz Europa. Bei einem EU-Gipfel in der vergangenen Woche wurden drei wesentliche Punkte vereinbart:

 

Erstens: Mobilisierung von Verteidigungsausgaben auf nationaler Ebene. Hierzu sollen die EU-Schuldenregeln gelockert werden. Allerdings blieb die Formulierung zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben sehr vage. Das Versprechen höherer Rüstungsausgaben bleibt damit auf die „willigen“ Länder wie Deutschland, Frankreich, die skandinavischen und osteuropäischen Staaten beschränkt. „Freerider“ dieser Politik könnten Länder wie Spanien oder Portugal sein.

 

Zweitens: Bereitstellung von 150 Milliarden Euro an EU-Darlehen für Mitgliedstaaten zur Finanzierung von Verteidigungsausgaben mit besonderem gesamteuropäischen Interesse. Diese Darlehen sollen von der EU als Schulden am Kapitalmarkt aufgenommen werden, wodurch viele Mitgliedstaaten von den günstigeren Finanzierungskonditionen der EU profitieren können. Über welchen Zeitraum die Kreditvergabe erfolgen soll, ist bislang noch nicht bekannt. Zudem können Mitgliedstaaten ungenutzte Mittel aus den Kohäsion-Programmen für Verteidigungszwecke umwidmen.

 

Für die EU bedeutet dies, dass die Schuldenaufnahme weiter ansteigen wird. Bereits in diesem Jahr dürfte die EU voraussichtlich rund 160 Milliarden Euro an Schulden aufnehmen – das ist ähnlich hoch wie z.B. beim spanischen Staat. Mit NextGenerationEU war die Aufnahme neuer EU-Schulden eigentlich auf Ende 2026 begrenzt. Durch die Verteidigungsfinanzierung dürfte die EU auch danach noch neue Schulden am Kapitalmarkt aufnehmen.

 

Drittens: Stärkung der Verteidigungsinvestitionen im Privatsektor. Dazu sollen die Regularien der Europäischen Investitionsbank (EIB) überarbeitet werden, die derzeit nur begrenzt Darlehen an Rüstungsunternehmen vergeben kann.

 

Insgesamt lässt sich zusammenfassen, dass die Hauptlast der höheren Verteidigungsausgaben von den nationalen Mitgliedstaaten getragen werden soll. Gemessen an den 180-200 Milliarden Euro, die pro Jahr notwendig wären, um die Verteidigungsausgaben der EU um einen Prozentpunkt gemessen am BIP anzuheben, ist die Finanzierung von 150 Milliarden Euro durch die EU über mehrere Jahre vergleichsweise gering. Aus volkswirtschaftlicher Perspektive wurde die Chance verpasst, durch ein deutlich größeres EU-Programm für Verteidigung bedeutende Anreize zu setzen, um der bestehenden geographischen Asymmetrie der Verteidigungsausgaben entgegenzuwirken und die Fragmentierung der europäischen Streitkräfte auf operativer Ebene zu reduzieren.

 

-- Sebastian Grupp