Europäische Verteidigungsbonds (EDBs): Kanonen und Butter
Europa sucht nach Wegen, höhere Verteidigungsausgaben zu finanzieren. Trotz der Zurückhaltung aus Deutschland gewinnt die Idee der Europäischen Verteidigungsbonds (EDBs) an Zuspruch.
Europa muss seine eigene Verteidigungsbereitschaft deutlich stärken: So viel ist seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, aber auch den kritischen NATO-Äußerungen von Donald Trump klar. Für die „Kriegsertüchtigung“ Europas wird eine zentrale Frage heiß diskutiert: Wie soll das finanziert werden? Aktuell gibt es eine große Diskrepanz bei den Verteidigungsausgaben. Während viele Staaten Mittel- und Osteuropas schon heute das Zwei-Prozent-NATO-Ziel (über-)erfüllen, sieht es weiter westwärts ganz anders aus. Spanien hat zuletzt rund 1,3% der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgegeben, Italien mit 1,5% nur unwesentlich mehr.
Die Bereitschaft für höhere Verteidigungsausgaben wächst zwar in der gesamten EU, politisch heikel wird es allerdings, wenn andere Ausgaben dafür gekürzt werden müssten. Nicht nur in Deutschland, in immer mehr Ländern, vor allem denjenigen mit angespannten Staatsfinanzen, droht eine Verteilungsdiskussion: Kanonen statt Butter? Je weiter die Ukraine entfernt ist, desto schwerer dürfte es sein, politische Mehrheiten für solche finanziellen Umschichtungen zu gewinnen.
Weit weniger Widerstand ist allerdings zu erwarten, wenn nach dem Vorbild des Corona-Wiederaufbaufonds (NGEU) die EU das notwendige Geld für die Verteidigungsbereitschaft zur Verfügung stellt.
Für die Schuldtitel der EU müssen die Staaten zwar gemeinschaftlich haften, sie werden aber nicht bei den nationalen Schuldenkennziffern angerechnet, was ökonomisch problematisch, politisch aber allzu verlockend klingt. Zudem verfügt Brüssel nun über die notwendige Infrastruktur für großvolumige Bondemissionen.
Und so überrascht es nicht, dass sowohl die Staaten in Mittel- und Osteuropa als auch in Südeuropa zunehmend Gefallen an der Idee einer EU-Finanzierung über EDBs finden. Erstere profitierten wegen der Nähe zu Russland militärisch am stärksten, während Letztere ihr Finanzierungsproblem gelöst hätten. Und Deutschland? Bundesfinanzminister Lindner hat seine Bedenken gegen EDBs bereits öffentlich kundgetan. Ein wachsender EU-Schuldenberg, für den Deutschland in der Haftung steht, ist tatsächlich nicht ohne Risiko, vor allem wenn immer neue Vehikel mit EU-Finanzierung aus der Taufe gehoben werden.
Aber Deutschlands finanzieller Spielraum abseits des 100-Milliarden-Sondervermögens der Bundeswehr ist vor dem Hintergrund der nationalen Schuldenbremse ebenfalls beschränkt, sodass es nicht überraschen würde, wenn Berlins Einwände gegen EDBs nicht allzu vehement ausfielen und es am Ende doch heißt: Kanonen und Butter.
- Daniel Lenz