Schockwellen im Bankensektor treffen den Oelpreis mit Wucht

Der Ölpreis ist mit Wucht unter Druck geraten. Die Stimmung ist aber schlechter als die Lage. Deshalb konnte sich der Ölpreis in den letzten Tagen auch wieder fangen. Unser Kursziel von 100 USD auf die nächsten zwölf Monate ist zwar ambitioniert, aber keineswegs unrealistisch.

 

Der Ölpreis ist seit dem Kollaps der Silicon Valley Bank um über 9% gefallen. Der Abwärtsdruck nahm nochmal deutlich zu, als es am Paradeplatz in Zürich zu heftigen Turbulenzen bei der Credit Suisse kam, die schlussendlich in einer Übernahme durch die UBS mündeten. Dabei läuft bei Rohöl fundamental eigentlich alles nach Drehbuch. Chinas Nachfrage steigt graduell an, die OPEC+ bleibt diszipliniert und die Produktion in den USA dürfte 2023 (wenn überhaupt) nur marginal zunehmen. Doch nun konzentrieren sich die Investoren und darunter vor allem die Großanleger aufgrund der weiter latent vorhandenen Verunsicherung an den Finanzmärkten wieder stärker auf die Rezessionsgefahren, die zu einem schlechteren Umfeld für die Ölnachfrage beitragen. In den Hedge-Fonds-Zentralen schrillten die Sirenen und bei Öl wurde kräftig auf den Verkaufen-Button gedrückt. Die Netto-Long-Position schmolz weg. Positiv hervorzuheben ist, dass wir mit keiner weiteren größeren Eskalation der Spannungen rechnen. Die Unsicherheits-Wellen sollten perspektivisch abebben und auch der Ölpreis wird sich von dem Schock allmählich wieder erholen.

 

Bei den aktuell sehr tiefen Ölpreisen in den USA werden sich einige US-Fracker auch nicht übermäßig anstrengen, ihre Produktion zu erhöhen. Marktschätzungen zufolge führen die Unsicherheiten und der volatile Ölpreis dazu, dass die Texaner ihren Öl-Output sogar leicht um 0,3 Millionen Barrel pro Tag senken könnten. Zudem erwarten die Ölmanager dank deutlich gefallener Spritpreise eine gute „Driving-Season“ in den US-Sommerferien, sofern eine ausgewachsene Rezession ausbleibt, wovon wir ausgehen. Das Fracking-Business ist für finanzierende Banken ohnehin schon nervenzehrend, gerade wenn die Preise fallen. Im aktuellen Setup kommt erschwerend hinzu, dass im US-Bankensektor nicht auszuschließen ist, dass das eine oder andere regionale Bankhaus noch in eine Schieflage geraten kann. Im Öl-Fracking wird daher die Finanzierung von Projekten zukünftig schwieriger. Kleinere Banken werden wohl dazu übergehen, ihr Kreditbuch in diesem Metier zu Lasten zukünftiger Produktionssteigerungen zu kürzen. Was wir nach der Finanzkrise 2008 im Großen gesehen haben, wird sich bei den US-Frackern 2023 im Kleinen wiederholen.

 

Auf Basis dieser Einschätzung lässt sich festhalten: Die Stimmung bei Rohöl ist schlechter als die Lage. Die Musik der Nachfrage spielt ohnehin in China. Mögliche Schwächen anderweitig sind ausgleichbar. Das dürfte sich auch bei den Spekulanten wieder herumsprechen. Der Rohölpreis wird langfristig wieder steigen, wie die letzten Tage schon vorwegnehmen. Unser Kursziel von 100 USD auf die nächsten zwölf Monate ist zwar ambitioniert, aber keineswegs unrealistisch.

-- Gabor Vogel


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