Türkische Wirtschaft ist 2022 deutlich gewachsen

In Q4 lag die gesamtwirtschaftliche Leistung (BIP) der Türkei um 3,5% über dem Vorjahresquartal. Der kaufkraftverzehrenden Inflation standen kräftige Lohnerhöhungen entgegen. Auch 2023 wird das BIP wohl leicht wachsen.
 


Das Wachstum der türkischen Wirtschaft lag im vierten Quartal bei 3,5% gegenüber dem Vorjahr, dies zeigen die heute veröffentlichen Zahlen. Damit blieb der konjunkturelle Schwung vom dritten Quartal trotz der rekordhohen Inflation nahezu erhalten. Die Bilanz für das abgelaufene Jahr fällt dadurch sogar noch etwas besser aus als erwartet. Für das Wirtschaftswachstum in 2022 wird jetzt ein Plus von 5,6% gemeldet, nachdem bereits 2021 eine zweistellige Zuwachsrate erreicht wurde. Erneut lieferte der private Konsum die stärksten Wachstumsimpulse, gegenüber Vorjahr lag das Plus bei fast 20%. Vor dem Hintergrund einer Inflation, die in der zweiten Jahreshälfte bei rund 80% notierte, sieht diese Entwicklung schon nach der „Quadratur des Kreises“ aus. Aber der Blick auf die Lohnentwicklung löst bereits das Rätsel: Denn die Arbeitsentgelte stiegen im vergangenen Jahr ebenso stark wie die Verbraucherpreise.

 

Der Regierung Erdogan ist es also bisher durch zahlreiche Maßnahmen wie Steuersenkungen, Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst und andere zahllose Anordnungen gelungen, den Wachstumsmotor Inlandsnachfrage in Gang zu halten. Jetzt sind noch die Tragödien hinzugekommen, mit denen sich die Bevölkerung in der Erdbebenregion im Südosten des Landes konfrontiert sieht. Dennoch zeigt das jüngst veröffentlichte Wirtschaftsklima des Statistikamtes für Februar nur einen unmerklichen Stimmungsrückgang um 0,2 Punkte, nach einem mehrmonatigen Aufwärtstrend. Für die Stimmung der Konsumenten zeigt die Februarumfrage sogar eine Aufhellung. Diese ist allerdings wohl eher dem sichtbaren Rückgang der Inflation zu Jahresbeginn geschuldet.

 

Von staatlicher Seite sind bereits milliardenschwere Aufbauprogramme für die betroffenen Regionen auf den Weg gebracht worden, um das menschliche Leid zu lindern und auch die zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen. Die Schätzungen für das Ausmaß der bremsenden Effekte auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung reichen derzeit weit auseinander. Wachstumsdrosselnden Auswirkungen im ersten und zweiten Quartal stehen allerdings deutliche Nachhol- und Wiederaufbaueffekte gegenüber, die im weiteren Jahresverlauf für Schub sorgen werden.

 

Unterm Strich wird die türkische Wirtschaft aber wohl auch in diesem Jahr leicht wachsen. Vor diesem Hintergrund hält der wegen seines Krisenmanagements stark unter Druck stehende Staatspräsident Erdogan an dem Termin für die Parlaments- und Präsidentschaftswahl am 14. Mai fest. Hierzu wird es wohl noch im Laufe der Woche eine offizielle Erklärung geben.

 

-- Dr. Christine Schäfer


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