Ungarn: EU-Kommission empfiehlt Einfrieren von Finanzmitteln

Die EU-Kommission hat Empfehlungen zu Ungarn ausgesprochen, die das Einfrieren von gut 13 Mrd. Euro an Finanzhilfen für das Land zur Folge haben könnten.

 

Basierend auf 17 mit der EU vereinbarten Reformen hatte die Regierung unter Premierminister Viktor Orbán bis zum 19. November Zeit, um Fortschritte bei den viel diskutierten Problempunkten Korruption und Unabhängigkeit der Justiz zu erzielen. So sollte ein Einfrieren von Finanzmitteln im Rahmen des laufenden Rechtsstaatlichkeitsverfahrens gegen Ungarn vermieden werden. Die Kommission hat nun am Mittwoch (30.11.2022) entschieden, dass diese 17 Maßnahmen nicht ausreichend umgesetzt wurden.

 

Zum einen geht es um 7,5 Mrd. Euro aus dem Gemeinschaftshaushalt bis 2027. Zum anderen sind 5,8 Mrd. Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds Next Generation EU (NGEU) betroffen. Zwar möchte die EU-Kommission den ungarischen NGEU-Plan formell bestätigen, womit Ungarn das letzte EU-Land wäre, dessen Plan genehmigt würde. Allerdings soll die Auszahlung der Mittel erst nach Erfüllung von 27 sogenannten „Super-Milestones“ möglich sein. Diese umfassen neben den 17 Maßnahmen im Rahmen des Rechtsstaatlichkeitsmechanismus zusätzlich weitere Reformen zur Unabhängigkeit der Justiz und zur Rechnungsprüfung sowie Berichterstattung in Bezug auf EU-Mittel.

 

Die Finanzminister der EU-Mitgliedsländer werden nun bis zum 19. Dezember über die Empfehlungen der Kommission abstimmen. Dafür braucht es eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 15 der 27 Staaten, die wiederum mindestens 65% der EU-Bevölkerung ausmachen müssen. Da einige Staaten befürchten könnten, in Zukunft selbst einmal wegen Korruptionsproblemen in einen Konflikt mit der EU zu geraten, gilt eine Zustimmung keineswegs als sicher. Sollte es zum (vorübergehenden) Einfrieren der Finanzmittel kommen, dürfte dies nochmal mehr als bereits bislang das Risiko verstärken, dass Ungarn EU-Entscheidungen, die der Einstimmigkeit der Mitgliedsstaaten bedürfen, blockieren könnte. Dies ist insbesondere bei den Themenbereichen Ukraine-Unterstützung und Russland-Sanktionen ein Risikofaktor für den Zusammenhalt der EU.

 

Am Markt war kaum eine Reaktion bei den Asset-Swap-Spreads ungarischer Eurobonds zu erkennen. Nach einem zyklischen Hoch bei 290 Bp. im achtjährigen Laufzeitenbereich Ende Oktober haben sie sich jüngst wieder auf etwa 200 Bp. eingeengt. Damit notiert der ungarische Asset-Swap-Spread zwar etwa 70 Basispunkte unter dem rumänischen – von den bonitätsstärkeren Emittenten wie Polen oder Litauen ist er jedoch mehr als 100 Basispunkte entfernt.

-- Sophia Oertmann


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