Aktienrückkäufe auf Rekordniveau erwartet

Insbesondere US-Konzerne dürften in 2022 zur Kurs- und Investorenpflege so viele eigene Aktien erwerben wie noch nie zuvor.

 

Fachleute rechnen für die USA in diesem Jahr mit Aktienrückkäufen in Rekordhöhe. Unter derartigen Programmen versteht man, dass eine Aktiengesellschaft ihre eigenen Unternehmensanteile (an der Börse) zurückerwirbt. Ebenso wie Dividendenzahlungen nutzen Unternehmen dies als Mittel, um ihren Aktionären die erwirtschafteten und frei verfügbaren Barmittel auszuzahlen. Dass Unternehmen ihre eigenen Anteile zurückerwerben, klingt zunächst ungewöhnlich, dabei sind Aktienrückkäufe vor allem in den USA eine gängige Praxis. Der Unterschied in der Beliebtheit von Aktienrückkäufen zwischen US-amerikanischen und europäischen/deutschen Unternehmen liegt in der steuerlichen Behandlung von Ausschüttungen für die US-Investoren, diese bevorzugen Rückkäufe gegenüber Dividenden.

 

Rückkäufe treiben die Nachfrage nach den restlichen am Markt verfügbaren Aktien und somit den Kurs. Die Aktienkurs- und Investorenpflege ist daher ein Grundpfeiler dieser Programme. Aktienrückkäufe erhöhen rein mathematisch den Gewinn pro übrig gebliebener und noch frei verfügbarer Aktie. Solange diese Barmittel-Ausschüttungen nicht die Durchführung profitabler Projekte im Unternehmen behindern oder gar verhindern, sollten sie am Aktienmarkt mit Kurssteigerungen belohnt werden. Und das werden sie in der Regel auch. So ist es nicht verwunderlich, dass die vermehrten Aktienrückkäufe in den vergangenen Jahren zu einem erheblichen Anteil die Aktienkurse mit angetrieben haben.

 

In den vergangenen Monaten sorgten vor allem Mineralölkonzerne mit der Ankündigung umfangreicher Rückkaufprogramme für Schlagzeilen. Bei den großen US-Tech-Giganten gehören Aktienrückkäufe im zweistelligen Milliardenbereich ohnehin seit längerem zum guten Ton. Und auch in Europa und Deutschland sind Unternehmen mittlerweile auf den Geschmack gekommen. Ein Fokus auf bestimmte Sektoren lässt sich hier nicht ausmachen. So finden sich Beispiele unter Banken und Versicherungen, aus dem Logistik- und Investitionsgüterbereich sowie aus der Automobilbranche.

 

Ein Selbstläufer sind die Programme indes nicht. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der zuletzt stark eingetrübten Konjunkturaussichten für Europa und spätestens mit Blick auf das Winterhalbjahr auch für die USA. Schwächere Umsätze und höhere Produktionskosten dürften nicht spurlos an den Unternehmen vorbeigehen und könnten bei der ein oder anderen Aktiengesellschaft zumindest Umfang sowie Zeitplan der Rückkäufe in Frage stellen. Umso wichtiger ist es, die generellen Erfolgsaussichten und das Geschäftsmodell der einzelnen Unternehmen im Blick zu behalten und nicht blind auf die angekündigten Summen zu vertrauen.

 

-- Sven Streibel


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