Aktienmärkte: Angespannte Ruhe nach dem Sturm

Die Verunsicherung mag an den internationalen Finanzmärkten zuletzt nachgelassen haben, vom Eis ist die Kuh damit aber noch lange nicht. Aktienmarktteilnehmer dürften in den nächsten Tagen und Wochen sehr genau auf die Verhandlungen zwischen der EU und den USA schauen.

 

Das Bild stellt zwei Diagramme dar, die die Entwicklung der Aktienmärkte sowie die implizite Volatilität über einen bestimmten Zeitraum vergleichen.

**Links im Bild**:
- **Titel:** "Implizite Volatilität (CBOE Volatility Index in %)."
- **Details:**
  - Es zeigt die Schwankungen der impliziten Volatilität beziehend auf drei unterschiedliche Indizes: DAX, EuroStoxx50, und S&P500.
  - Die Volatilität bewegt sich zwischen Werten von unter 10% bis über 45%.
  - Ein ovaler Bereich hebt eine scharfe Spitze in der Volatilität hervor, was auf überdurchschnittliche Unsicherheit oder Marktturbulenzen hinweist.

**Rechts im Bild**:
- **Titel:** "Diverse Aktienindizes weltweit (Indexiert: 01.25 = 100)."
- **Details:**
  - Dargestellt sind die relative Performance der Indizes DAX, Euro Stoxx 50, S&P 500 sowie Nikkei.
  - Der Zeitraum reicht von Okt. 22 bis Apr. 23.
  - Ein markanter Einbruch, bezeichnet als "Liberation Day", ist deutlich sichtbar, was auf einen bedeutenden wirtschaftlichen oder politischen Event hindeutet.
  - Nach dem Einbruch erholen sich die Indizes wieder, wobei die Trendlinien unterschiedlich verlaufen.

**Zusammenfassung**:
- **Gesamtanalysetitel:** "Aktienmärkte mit moderat nachlassender Unsicherheit etwas erholt - weitere Hürden voraus."
- Das Bild verdeutlicht die volatile Natur der Märkte und die Existenz von Unsicherheiten, die zu einem signifikanten Einbruch führen könnten. Es enthält wichtige Informationen über die Entwicklung und Anpassungsfähigkeit der globalen Aktienmärkte angesichts unerwarteter Ereignisse, abgestützt durch die Daten von Bloomberg und DZ Bank. 
  
**Quelle**: Bloomberg, DZ Bank.

 

Wirklich ruhig ist die Lage an den internationalen Finanzmärkten zwar mit Sicherheit nicht. In die angespannte Situation mischt sich aber immer wieder eine vorsich­tige Portion Zuversicht. Das alles dominierende Thema ist weiterhin die aus öko­nomischer Sicht als willkürlich zu bezeichnende Zollpolitik von US-Präsident Trump und das hieraus resultierende Risiko eines globalen Handelskonflikts.Neben der Diskussion um US-Importzollsätze gegenüber dem Rest der Welt weitet sich der offen ausgetragene Streit zwischen Peking und Washington mittlerweile auf weitere Handelsfragen aus. So haben die USA die Ausfuhr von Hochleistungs­chips, die vor allem im KI-Bereich eingesetzt werden, nach China weiter einge­schränkt. Die Volksrepublik hatte bereits zuvor den Export von seltenen Erden und Magneten (für alle Länder) blockiert, die unter anderem für die Auto-, Luftfahrt- und Verteidigungsindustrie von wesentlicher Bedeutung sind.

 

In dieser Spirale aus Maßnahmen und Gegenmaßnahmen stechen immer wieder Äußerungen aus Washington und Peking hervor, die als mögliche Gesprächs­bereitschaft interpretiert werden können. Die Staatsführung Chinas ließ wissen, dass sie zu Verhandlungen bereit sei, sofern die Trump-Administration die Belange der Gegenseite ernst nehme und „mehr Respekt“ zeige. Der US-Präsident hat hinge­gen seinerseits China aufgefordert, auf Washington zuzugehen, um den Handels­konflikt beizulegen. Außerdem behauptete Trump, dass diverse Vorschläge aus anderen Staaten vorlägen und er glaube, „bald einige Abkommen bekannt geben“ zu können.

 

In den nächsten Wochen und Monaten wird die Trump’sche Zollpolitik weiter für Schlagzeilen und Impulse an den Aktienmärkten sorgen. Genau beobachten dürf­ten die Marktteilnehmer dabei die Verhandlungen zwischen den USA und der Europäischen Union. Medienberichten zufolge verliefen die Gespräche bislang alles andere als vielversprechend. US-Vertreter hätten demnach klargestellt, dass die „reziproken“ Zölle ebenso wenig zurückgenommen werden sollen wie die Ein­fuhrabgaben auf Autos und Metalle. Offenbar vermissen die Europäer eine klare Haltung und haben Schwierigkeiten, die Ziele der Gegenseite zu erkennen. Sollten in den nächsten Wochen keine nennenswerten Fortschritte bei den Verhand­lungen erzielt werden, dürfte den Vertretern in Brüssel kaum etwas anderes übrigbleiben, als eigene Gegenmaßnahmen in die Wege zu leiten. Andernfalls dürfte die US-Administration das letzte Fünkchen Respekt vor der Europäischen Union und ihren Repräsentanten verlieren. Aus Sicht der Aktienmärkte würde dies eine weitere Eskalation bedeuten. Mit erneuten deutlichen Kursverlusten wäre zu rechnen. 

 

Dass eine (wieder) stärkere Ausrichtung der Handelsbeziehungen in Richtung China, wie vonseiten einiger deutscher Wirtschaftsvertreter gefordert, als Reaktion auf das eingetrübte Verhältnis zu den USA unter Trump zielführend und langfristig sinnvoll ist, darf indes bezweifelt werden. Dies legen nicht nur die Erfahrungen während und nach der Corona-Pandemie nahe, sondern auch die aktuellen Maßnahmen Pekings, die teils keinen Unterschied zwischen den USA und anderen Handelspartnern machen. Eine breitere Diversifikation und damit mehr Offenheit für andere potenzielle Handelspartner dürfte für die EU die nachhaltigere Option darstellen, um nicht von einem „De-Risking“ zum nächsten zu kommen. Das auf den Weg gebrachte Abkommen mit den Mercosur-Staaten und der offenbar nachlassende Widerstand einiger EU-Staats- und Regierungschefs im Verabschiedungsprozess sind hier lediglich ein guter Anfang.

 

-- Sören Hettler