Wachstumsziel in Zeiten des Handelskonflikts: China hält stoisch am 5%-Ziel fest

Peking gibt auch für dieses Jahr ein Wachstumsziel von 5% für Chinas Wirtschaft vor – den heimischen Problemen durch die Immobilienkrise und dem deutlich verschlechterten außenwirtschaftlichen Umfeld zum Trotz. Die versprochene Stärkung des privaten Konsums ist positiv, dürfte sich aber vorerst nicht als nachhaltig erweisen.

 

 

Gestern noch erschütterten Donald Trumps wahrgemachte Zolldrohungen gegen Mexiko, Kanada und China die Weltwirtschaft, heute zeigt sich die chinesische Führung trotzdem unerschütterlich, dass die chinesische Wirtschaft ein Wachstum von 5% auch in diesem Jahr erreichen kann. Das offizielle und politisch sehr sensible Wachstumsziel bleibt wie in den beiden Vorjahren bei „um 5%“. Das ist einerseits nicht sonderlich überraschend, lagen doch die regionalen Zielwerte der Provinzen bereits vor und im Schnitt bei über 5% – davon weicht die Zentralregierung bei ihrer Zielformulierung nie signifikant ab. Gleichwohl ist es bemerkenswert, dass die Staatsspitze weder der stark umgepflügten handelspolitischen Landschaft mit einem weniger ambitionierten Wachstumsziel Rechnung trägt noch der schleichenden Verringerung des Wachstumspotenzials, was mit dem zunehmenden Bevölkerungsrückgang zusammenhängt. Das war in den 2010er Jahren noch anders, als der Zielwert sukzessive von 8% auf jetzt 5% heruntergeschraubt wurde.

 

Die Zusatzzölle der US-Regierung von inzwischen 20% auf alle US-Importe aus China dürften die chinesische Wirtschaft aus unserer Sicht etwa einen halben Prozentpunkt Wachstum kosten – immer vorausgesetzt, dass Trump die Zölle gegen China demnächst nicht noch weiter nach oben schraubt. In der diesjährigen Wachstumsbilanz wird sich die Zollbelastung dank eines kräftigen Jahresauftakts zwar noch nicht so schmerzhaft bemerkbar machen – wir erwarten ein BIP-Wachstum Chinas im laufenden Jahr von 4½%, also nur etwas unter der jetzt formulierten Zielvorgabe. Während des Sommerhalbjahrs dürften sich dagegen schon deutlichere Bremsspuren bemerkbar machen und im kommenden Jahr rechnen wir nur noch mit einem BIP-Zuwachs von rund 3½%. Positiv ist derweil, dass Peking bislang auf das aggressive Vorgehen Trumps sehr moderat und nur mit punktuellen Gegenzöllen reagiert – die allerdings weh tun (sollen), denn sie treffen mit Agrargütern und Energie vor allem Regionen in den USA, die als Trump-Hochburgen gelten. Dennoch dürfte einer gefährlichen Eskalationsspirale im Handelsstreit der beiden Wirtschaftsgiganten so Einhalt geboten werden – auch dies spricht gegen weitere US-Zölle auf Importe aus China.

 

Gleichwohl treffen die neuen US-Zölle die chinesische Wirtschaft empfindlich, denn der Außenhandel war in den letzten beiden Jahren der stärkste Wachstumsträger. Die Binnenkonjunktur bleibt dagegen durch die Immobilienkrise und dessen Bremswirkung auf den privaten Konsum nach wie vor sehr geschwächt. Da ist es erst einmal positiv, dass die chinesische Regierung jetzt mit der Bekanntgabe des Wachstumsziels nicht nur eine deutliche Ausweitung der Staatsausgaben in Aussicht stellt, sondern auch den Willen einer Stärkung des privaten Konsums betont. Dies dürfte dem Abwärtsdruck auf die Exporte zumindest leicht positive Wachstumseffekte entgegensetzen. Solange sich die Konsumhilfen aber auf Einmalmaßnahmen beschränken, bleibt ihre Wirkung ein begrenztes Strohfeuer. Zur dauerhaften Belebung des Konsums bedarf es struktureller Reformen wie der Ausweitung der sozialen Sicherungssysteme, die aber nicht in Sicht sind. Auch deshalb gehen wir von einem weiter nachlassenden Wirtschaftswachstum Chinas in den kommenden Jahren aus. 2026 wird sich die chinesische Regierung wohl endgültig vom 5%-Wachstumsziel verabschieden müssen.

 

-- Monika Boven