Niederlande: Rezession beendet, Ausblick gedämpft

Die Niederlande haben die wirtschaftliche Rezession hinter sich gelassen. Die konjunkturelle Schwäche ist jedoch noch nicht ausgestanden. Die langwierige Regierungsbildung stellt ein geringes Konjunkturrisiko dar. Ein fragmentierter Welthandel belastet dagegen perspektivisch die Konjunktur. Konjunkturell ist für die Niederlande 2024 nicht mehr drin als für die Eurozone.
 


Deutschland ist das einzige Industrieland, das 2023 eine Rezession durchlaufen hat? Das stimmt so nicht ganz. In den Niederlanden lief es in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres sogar sichtbar schlechter. Erst im Q4‘23 gelang dem Königreich mit einem moderaten Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von +0,3% (Q/Q) der Sprung aus der Rezession. Das Wachstum ist hauptsächlich auf einen deutlichen Anstieg der Konsumausgaben zurückzuführen. Ein Blick auf die anderen Komponenten zeigt, dass die niederländische Wirtschaft aber noch nicht über den Berg ist. Die Investitionen schrumpften kräftig und die Exporte haben sich nach einem deutlichen Rückgang der Vorquartale nur minimal erholt.

 

Mitten in die konjunkturelle Schwächephase fällt eine politische Hängepartie. Drei Monate sind seit den Neuwahlen in den Niederlanden vergangen. Die Verhandlungen, an denen vor allem der Wahlsieger PVV unter Führung des Rechtspopulisten Geert Wilders beteiligt ist, waren bisher von Rückschlägen geprägt. Ein konjunkturelles Risiko stellt die langwierige Regierungsbildung für die niederländische Wirtschaft unseres Erachtens jedoch kaum dar. Perspektivisch schwerwiegender könnte die zunehmende Fragmentierung des Welthandels schaden. Das niederländische Königreich ist nochmals deutlich anfälliger für Störungen in den internationalen Wertschöpfungsketten als Deutschland.

 

Trotz des Endes der rezessiven Phase in den Niederlanden ist von Aufbruchstimmung noch wenig zu spüren. Angesichts der anhaltenden geopolitischen Spannungen und der gedämpften Weltkonjunktur ist dies auch nicht verwunderlich. Vor allem der Industriebereich, der aufgrund der starken Exportabhängigkeit einen hohen Anteil an der Bruttowertschöpfung der Niederlande hat, ist nach wie vor angeschlagen. Entlastende Faktoren waren zuletzt unter anderem eine geringere Zinsbelastung der Unternehmen sowie ein spürbarer Rückgang der Gaspreise. Ein Lichtblick bei den privaten Haushalten ist zudem der steigende Reallohn, welcher die Kaufkraft verbessert. Insgesamt könnte der leichte Anstieg des BIP im Schlussquartal 2023 den Beginn eines zumindest moderaten Erholungspfades markieren. Für den Jahresdurchschnitt 2024 bedeutet dies einen Anstieg der Wachstumsrate auf 0,9%. Damit wächst das Land auf Augenhöhe mit dem Euro-Raum-Durchschnitt.
 

-- Matthias Schupeta


Artikel bewerten

Vielen Dank für Ihre Wertung. Ihre Wertung:
Aktuelle durchschnittliche Bewertung des Artikels: 3.56