BRICS-Staaten und ihr (utopischer) Wunsch nach einer eigenen Leitwährung
Bei ihrem jüngsten Gipfeltreffen haben die BRICS-Staaten den Wunsch nach einer Alternative zum übermächtigen US-Dollar bekräftigt – am liebsten in Form einer eigenen, neuen Währung, die auch die politische Emanzipation vom Westen fördern würde.
Das Thema Ent-Dollarisierung taucht seit Jahrzehnten regelmäßig in den Schlagzeilen auf und genauso regelmäßig wieder ab. Wir nehmen die BRICS-Diskussion über eine Transformation des westlich dominierten internationalen Finanzsystems durchaus ernst, sehen aber keinen Anlass für Panik. Insbesondere sehen wir keine realistische Chance auf Gründung einer eigenen BRICS-Reservewährung R5 (nach den Währungen der Namensgeber: Real, Rubel, Rupie, Renminbi, Rand). Dafür sind ihre (welt)politischen Interessen zu heterogen und die ökonomischen Ungleichgewichte untereinander zu groß. Außerdem braucht eine Reservewährung einen zugehörigen Anleihemarkt, der groß, liquide und sicher genug ist, um die Währungsreserven dort auch investieren zu können. Dieses Merkmal sucht man bei den BRICS vergebens.
Deutlich besser stehen die Chancen, wenn wir uns auf die Suche nach einem alternativen Zahlungsmittel beschränken. Noch immer werden weit über 80% des bilateralen Handels der BRICS-Staaten in US-Dollar abgewickelt. Um daran etwas zu ändern, bedarf es keiner neuen Währung. Beispielsweise haben Brasilien und China vor wenigen Monaten vereinbart, im Handel untereinander möglichst auf den Dollar zu verzichten und weitgehend in ihren Lokalwährungen zu zahlen. Diese strukturellen Verschiebungen im Auslands-Zahlungsverkehr verdienen mehr Aufmerksamkeit als die utopische Idee einer gänzlich neuen Währung. Schon in naher Zukunft sollten immer mehr bilaterale Export-Import-Verträge ohne den Dollar auskommen. Sogar am Rohstoffmarkt, wo in der Vergangenheit absolut kein Weg um den US-Dollar herumführte, gibt es inzwischen Kontrakte in anderen Währungen.
Das soll nicht heißen, dass irgendeine Alternative erkennbar wäre, die dem Greenback dessen globalen Spitzenplatz streitig machen könnte - nur von seinem Status als unantastbar, unfehlbar und frei von jeglicher Konkurrenz wird er sich wohl früher oder später verabschieden müssen. Auf den Euro wartet hierdurch nicht etwa die Chance auf einen neuen, strukturellen Vorteil. Ganz im Gegenteil: Der Euro bietet weder die Skaleneffekte, die der globale USD-Einsatz bringt, noch die gewünschte politische Emanzipation von der westlichen Dominanz. Er könnte zum weinenden Dritten im Machtkampf zwischen US-Dollar und BRICS werden.
-- Dorothea Huttanus