Heiße Phase der Berichtssaison beginnt jetzt

Bis Ende Mai berichten nun auf beiden Seiten des Atlantiks genau die Unternehmen, die den jeweiligen Aktienmarkt im Jahresverlauf maßgeblich bewegt haben. Ergebnisüberraschungen hätten entsprechend große Wirkungen.

 

Nachdem sich im letzten Jahr alles um die Frage drehte, (a) wie tief die Märkte noch fallen könnten und (b) ab wann sie wieder steigen werden, geht dieses Jahr alles darum, (c) wie lang die Märkte noch steigen können und (d) wann sie möglicherweise kippen. Die kommenden Wochen der Berichtssaison zu Q1/2023 werden vor allem dahingehend spannend, da auf beiden Seiten des Atlantiks genau die Unternehmen berichten werden, die jeweils maßgeblich den regionalen Aktienmarkt bewegt haben.

 

Trotz oder gerade wegen anhaltender Rezessionssorgen ist der S&P 500 seit Jahresbeginn gestiegen, denn sinkende Inflationsraten und vor allem der Bankenstress im März hatten US-Zinssenkungserwartungen geschürt. Dies kam dem zinssensiblen US-Tech-Sektor zugute. Nimmt man den US-IT- und Kommunikationssektor inklusive Tesla und Amazon zusammen, so hat diese Untermenge, die knapp ein Drittel der Marktkapitalisierung des Index ausmacht, mehr als 7 Prozentpunkte zu den 8% Jahresperformance des S&P 500 beigetragen. Konkret haben die sechs größten „Tech-Unternehmen“ (Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Tesla) mit rund 22% Indexkapitalisierung zwei Drittel zu der Performance beigesteuert. Auf diese Indextreiber gilt es nun bei der anstehenden Quartalsberichterstattung besonders zu achten. Vier der sechs genannten Tech-Schwergewichte berichten nun in dieser Woche; Tesla hat bereits berichtet. Abgesehen von der Zinsabhängigkeit waren diese Titel in den vergangenen Monaten von einer negativen, aber unternehmensindividuellen, Nachrichtenlage beeinflusst. Nun werden erneut Ergebniseinbußen aufgrund einer sich annähernden Konjunktureintrübung erwartet, entsprechend hoch waren die vorangegangenen Gewinnrevisionen.

 

Chinas Abkehr von Null Covid und der dadurch prognostizierte Aufschwung beflügelte die europäischen Börsen, insbesondere die konjunktursensiblen Titel. Die DAX-Unternehmen mit dem höchsten China-Exposure machen rund 40% der Indexkapitalisierung aus. Diese Indexmitglieder aus den Bereichen Autos, Industrie und Finanzen legen von Ende April bis Mitte Mai ihre Quartalsberichte offen. Acht von diesen Titeln haben die diesjährige DAX-Rally maßgeblich getrieben und 9 Prozentpunkte zu den 13% Jahresperformance beigetragen. Die Aussagen dieser Unternehmen über die bisherigen und zukünftig erwarteten Auswirkungen des chinesischen Aufschwungs werden wichtig für die weitere Kursentwicklung des gesamten Index.

 

Die Ergebniserwartungen sind pessimistisch, sektorenübergreifende Ergebniseinbußen aufgrund einer Konjunktureintrübung stehen weiterhin im Raum. Überraschungen bei Ergebnissen und Ausblicken haben daher das Potenzial, die weitere Richtung der breiten Indizes zu bestimmen. Wir sehen die Kurse auf beiden Seiten des Atlantik weiterhin unterstützt.

 

-- Sven Streibel


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