Chinas Wirtschaft in Q4 2022: Schwach, aber kein Einbruch

Die chinesische Wirtschaft vermeidet ein Minus im vierten Quartal, trotz der Belastungen durch die hohe Corona-Welle. Die Abkehr von der Null-Covid-Politik verspricht ab Frühjahr kräftige Nachholeffekte.

 

 

Keine Frage: Die Corona-Pandemie, oder vielmehr der Umgang der Staatsführung damit (Stichwort: Null-Covid-Politik), haben Chinas Wirtschaft im vergangenen Jahr schwer getroffen. Mit einem Plus von 3,0% lag das Wirtschaftswachstum im Gesamtjahr 2022 nicht nur unwesentlich über dem Zuwachs aus dem ersten Corona-Jahr 2020, sondern auch meilenweit unter dem Regierungsziel von 5,5% und erstmals seit Jahrzehnten unter dem globalen Durchschnitt. Der Lockdown im Frühjahr, der das Land zeitweise fast 3% seiner Wirtschaftsleistung kostete, hat dazu beigetragen, aber auch das Chaos zum Jahresschluss, als die chinesische Regierung quasi über Nacht ihre strenge Null-Covid-Strategie aufgab. Seither überrollt eine dramatische Infektionswelle die Volksrepublik. Dafür, dass im Dezember Innenstädte so gut wie ausgestorben waren und Fabriken aufgrund der hohen Krankenstände nur eingeschränkt produzieren konnten, ist die wirtschaftliche Bilanz für das zurückliegende vierte Quartal überraschend robust ausgefallen. Das Bruttoinlandsprodukt hat gegenüber dem Vorquartal stagniert, ein Minus wurde vermieden. Im Vergleich zum Vorjahresquartal entspricht dies einem Zuwachs von 2,9%.

 

Sicherlich bleiben einmal mehr gewisse Zweifel an der Korrektheit der offiziellen Zahlen, da Frühindikatoren, aber auch der Einbruch der Exporte eine schwächere Wirtschaftsentwicklung für die letzten Wochen nahelegen. Gleichzeitig mehren sich die Hinweise, dass die Infektionswelle zumindest in den Metropolen an der wirtschaftlich relevanten Ostküste ihren Höhepunkt bereits weit hinter sich gelassen hat. Über das tatsächliche Ausmaß der Infektionen schweigen sich die Behörden zwar aus, genauso wie – tragischerweise – über die Zahl der Todesopfer. Aktuelle Mobilitätsdaten signalisieren aber, dass das Wirtschaftsleben bereits wieder in Schwung kommt. Die Reisetätigkeit zum diesjährigen Neujahrsfest verspricht so lebhaft auszufallen wie seit drei Jahren nicht mehr. Die Besuche bei den Verwandten im strukturschwachen chinesischen Hinterland drohen das Infektionsgeschehen zwar noch einmal anzufachen. Wirtschaftlich dürfte der Tiefpunkt des jüngsten Abschwungs aber bereits erreicht sein. Spätestens ab März ist mit deutlichen Auf- und Nachholeffekten und einer kräftigen Konjunkturerholung zu rechnen. Wir erhöhen unsere Wachstumsprognose für dieses Jahr vor diesem Hintergrund von 3,5 auf 4,5%.

 

-- Monika Boven


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