EZB: Viel Lärm um nichts?

EZB beraumt Notfallsitzung ohne Notfall ein – liefert aber enttäuschend wenig

 

Das Ergebnis der EZB Notfallsitzung vom Mittwoch war enttäuschend: die Reinvestitionen unter PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programm) werden nun flexibel gehandhabt und eine Arbeitsgruppe soll ein neues Krisennotfallprogramm entwerfen. Punkt eins ist eigentlich keine Neuigkeit, diese Flexibilität hatte die EZB schließlich bereits, auch wenn sie vielleicht bislang nicht genutzt wurde. Punkt zwei ist sicherlich interessanter. „A new crisis tool“ wird hier in Aussicht gestellt – allerdings ohne konkrete Hinweise darauf, wie es aussehen könnte.

 

Ein neues Kaufprogramm oder doch lieber eine kreativere Lösung?

Die offensichtlichste Lösung wäre sicherlich ein neues Stand-by Kaufprogramm. Wir hatten diese Idee bereits im vergangenen Jahr diskutiert (damals unter dem Namen APP 2.0): hiermit stünde der EZB die Möglichkeit offen, flexibel im Markt einzugreifen, um entstehenden Fragmentierungsrisiken zu begegnen, ohne gleich mit der Gießkanne zu agieren. Eine etwas kreativere Lösung wäre ein aktives Management des bestehenden PEPP-Portfolios mit der Möglichkeit, länderspezifisch Anleihen zu kaufen und verkaufen (!) um die Spreads zu managen und übermäßige Marktvolatilität zu verhindern. Ersteres hätte den Vorteil, dass die EZB keine Anleihen aktiv verkaufen muss um an anderer Stelle unterstützend in den Markt einzugreifen. Der Nachteil wäre natürlich, dass die EZB, kaum hat sie ihre Nettoneukäufe unter PEPP und APP beendet, sie unter einem anderen Kürzel wieder aufleben lassen würde. Und das in einem Umfeld in dem die EZB die Zinsen anhebt! Dies wiederum wäre im Szenario zwei kein Problem: durch Umschichtungen im existierenden PEPP-Portfolio könnte die EZB ohne zusätzliche Netto-Neukäufe in den Markt eingreifen. Ein potenzieller Nachteil wäre, dass sie hierfür Anleihen aktiv verkaufen müsste, was z.B. dazu führen könnte, dass die Stabilisierung des Renditeniveaus bzw. der Spreads in der Peripherie auf Kosten der Kernstaaten geht.

 

Die EZB wird die von ihr geschürten Erwartungen nun erfüllen müssen

 

Derzeit ist noch vollkommen unklar, in welche Richtung sich die EZB orientieren wird. Die Spannungen innerhalb des EZB-Rats machen die Prognose nicht gerade einfacher, zudem diese Entscheidung auch ein politisch heißes Eisen ist. Klar ist, dass die EZB nun eine Erwartungshaltung geschürt hat – und das ohne echte Not. Selbst wenn sich innerhalb der EZB zuletzt die Sorge gemehrt hat, dass der Schwenk hin zu einer weniger expansiven Politik Auswirkungen auf den EWU-Anleihemarkt hat, die man in dieser Form nicht gerne tolerieren möchte, wäre es taktisch sicherlich besser gewesen, diese Diskussion zunächst hinter verschlossenen Türen zu führen. Nun hat die EZB jedoch klar gemacht, dass ein Programm in Arbeit ist und wird dementsprechend liefern müssen. Sie riskiert dabei natürlich auch, dass eine Enttäuschung (aus Sicht des Marktes) zu genau den Marktbewegungen führt, die sie eigentlich verhindern möchte. Ob sich die jüngste Hauruckaktion wirklich gelohnt hat, wird sich also erst noch zeigen müssen.

 

--Sonja Marten


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