Die EU will auch das „S“ in ESG definieren

Die EU-Kommission hat sich bei den Bemühungen um klarere Definitionen bislang vor allem auf den ökologischen Faktor „E“ konzentriert. Nun soll auch das „S“ transparenter gemacht werden.

 

Nachhaltigkeit und die Formel ESG – also Umwelt- und Klimaschutz, Soziale Belange und gute Unternehmensführung – sind in vielen Aspekten existenzielle Fragen. Um die ökologischen und sozialen Ziele der EU oder der UN aber zu erreichen, ist die umfangreiche Mobilisierung von Kapital erforderlich. Nur: Wer legt fest, welche wirtschaftliche Aktivität so grün oder so sozial ist, dass eine Investition in eben diese Aktivität tatsächlich der Zielerreichung dient?


Die EU-Kommission hat mit der schon existierenden Umwelt-Taxonomie eine strukturierte Definition davon gegeben, welche wirtschaftlichen Aktivitäten auf die Umweltziele der EU einzahlen und damit als nachhaltig gelten. Die EU-Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen hat die EU-Kommission nun in einem Bericht dahingehend beraten, was bei einer vergleichbaren Sozial-Taxonomie zu beachten ist.

 

Für eine Sozial-Taxonomie spricht der Wunsch nach klaren Definitionen. Investoren oder Emittenten bekämen eine Richtschnur, wie soziale Investitionen und Tätigkeiten definiert und welche Kriterien anzuwenden sind, um Finanzprodukte mit sozialen Zielen zu entwerfen. Solche Definitionen sollen Social Washing begrenzen. Vor allem aber soll die beabsichtigte Intensivierung von sozialen Aktivitäten zu positiven Ergebnissen für Arbeitnehmer, Verbraucher und Gemeinschaften führen. Die drei übergeordneten Sozialziele lauten folglich: (1) Würdige Arbeit, von der Menschen auch leben können, (2) Angemessener Lebensstandard und Wohlbefinden für Konsumenten eines Produktes oder einer Dienstleistung sowie (3) Förderung von integrativen und nachhaltigen Gemeinschaften und Gesellschaften.

 

Die Herausforderungen liegen aber auch auf dem Tisch. Neben der Sorge vor hohem Bürokratieaufwand ist besonders hervorzuheben, dass eine Beurteilung im Hinblick auf „sozial“ immer stark vom jeweiligen Kontext – Geschichte, Kultur, wirtschaftlichen Gegebenheiten – eines Landes geprägt ist und ein einheitliches Bild somit schwer zu zeichnen ist.

 

Die EU-Kommission wird den vorgelegten Vorschlag nun prüfen und bis zu einer eventuellen Implementierung dürfte noch einige Zeit vergehen. Da die Thematik aber auf den Markt für nachhaltige Anleihen ausstrahlen dürfte, ist ein frühes Befassen mit der Materie von Vorteil.

 

-- Torsten Hähn


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