Innenpolitische Krise in Frankreich spitzt sich zu
Für den 8. September hat Premierminister Bayrou in der Nationalversammlung eine Vertrauensabstimmung angesetzt. Damit ist das Risiko eines baldigen Regierungszusammenbruchs konkreter geworden und die Finanzmärkte blicken wieder mit erhöhter Aufmerksamkeit auf Frankreich.

Angesichts einer steigenden Schuldenstandsquote steht die französische Regierung unter Premierminister Bayrou unter Druck, die selbstgesteckten Defizitziele für das nächste Jahr zu erreichen. Um das Defizit auf 4,6% des BIP in 2026 zu senken, müssen nach aktuellem Stand noch Einsparungen in Höhe von 44 Mrd. Euro beschlossen werden. Mit der Ankündigung einer Vertrauensabstimmung in der Nationalversammlung am 8. September möchte sich Bayrou vor Beginn der Budgetverhandlungen die Bestätigung der Opposition einholen, dass diese die generelle Notwendigkeit zusätzlicher Einsparungen anerkennt. Sowohl das linke als auch das rechte politische Lager haben bereits angekündigt, dass sie die Regierung nicht unterstützen werden. Falls die von Bayrou nun angesetzten Verhandlungen daran nichts ändern, dürfte seine Regierung gestürzt werden.
Sollte der Regierung das Vertrauen entzogen werden, blieben Präsident Macron zwei Optionen. Zum einen könnte er einen neuen Premierminister ernennen in der Hoffnung, dass dieser ein Budget für 2026 im Parlament verabschieden kann. Eine ausreichende Mehrheit dürfte sich allerdings vermutlich nur finden lassen, falls der Premier aus den Reihen der Sozialisten (oder der Grünen) käme, die dies als Voraussetzung für eine künftige Unterstützung von Macrons Mitte-Bündnis formuliert haben. Zum anderen könnte er die Nationalversammlung auflösen und Neuwahlen ausrufen. Sowohl Bayrou als auch Macron warnen bislang vor den Konsequenzen von Neuwahlen. Laut einer IFOP-Umfrage vom 26. August befürworten hingegen 63% der Franzosen eine baldige Parlamentsauflösung. Die positiven Aspekte von Neuwahlen lägen vor allem in der Aussicht auf klarere politische Verhältnisse in der Nationalversammlung, die durch ihre aktuelle Teilung in drei große politische Blöcke weitestgehend gelähmt ist.
Die jüngste Beunruhigung an den Finanzmärkten basiert in erster Linie auf dem Risiko einer absoluten Mehrheit für den rechtspopulistischen Rassemblement National im Fall von Neuwahlen – die Aussicht hat sich von einem Randszenario (2024) zu einem Hauptszenario (2025) gewandelt. Zwar haben sich die Risikoaufschläge französischer Staatsanleihen gegenüber deutschen Bundesanleihen bereits sichtbar ausgeweitet. Allerdings dürften noch deutlich höhere Spread-Niveaus erreicht werden, falls es tatsächlich zu Neuwahlen kommt und die politische Ungewissheit damit drastisch nach oben schießt.
Die Zuspitzung der politischen Unsicherheit in Frankreich kommt mit Blick auf die anstehenden Ratingtermine zur Unzeit. Insbesondere bei Fitch (12.09.) und S&P (28.11.) ist das Risiko für eine Herabstufung auf A+ aufgrund des negativen Ratingausblicks akut gegeben. Dies hätte wiederum auch Auswirkungen auf die Ratings und die regulatorische Behandlung französischer staatsnaher Emittenten (SSAs).
-- Sophia Oertmann