Zwischen Pest und Cholera

Ein Handelskrieg zwischen den USA und der EU ist abgesagt – bis auf weiteres. Grund zur Zufriedenheit besteht aber nicht.
 

Am gestrigen Sonntag hat sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem US-Präsidenten Donald Trump auf ein Zollabkommen verständigt. Zwar sind noch nicht alle Details bekannt, aber es ist klar, dass Importe der USA aus den Ländern der Europäischen Union – von einigen Ausnahmen abgesehen – mit einem Zoll von 15% belegt werden. Dagegen bleiben Exporte der USA in die EU wohl weitgehend zollfrei.

 

Anstatt es auf einen Handelskrieg ankommen zu lassen, ist die Europäische Union, auch angesichts unterschiedlicher Interessenlagen innerhalb der EUvor den Erpressungen Trumps eingeknickt. Neben ökonomisch-pragmatischen Überlegungen („besser ein schlechte Deal als gar keiner“) haben hier sicherlich auch sicherheitspolitische Aspekte eine Rolle gespielt – zu sehr ist Europa angesichts eines immer aggressiver auftretenden Russlands auf die USA angewiesen.

 

Der Preis dafür ist hoch. Einerseits unterwirft sich die EU mit der Vereinbarung den USA und wirft damit die bisherigen Grundsätze einer fairen bilateralen Handelspolitik über Bord. Andererseits werden die US-Zölle die exportorientierten Unternehmen in der EU treffen. Zwar dürften sich die unmittelbaren Auswirkungen des „Deals“ für die Wirtschaft der EU als Ganzes in Grenzen halten. Die Exportnation Deutschland allerdings wird einmal mehr mit am stärksten betroffen sein. Erste Schätzungen für Deutschland gehen von einem um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte niedrigeren BIP pro Jahr aus.

 

Für die Kapitalmärkte sollte vor dem Hintergrund der nun erzielten Einigung zwar ein Belastungsfaktor wegfallen. Die Unsicherheit hingegen wird bleiben, sollten wir doch gelernt haben, dass mit einem US-Präsidenten Trump keine Verlässlichkeit in den transatlantischen Beziehungen zu erwarten ist. Umso mehr wird es jetzt darauf ankommen, dass Europa seine Hausaufgaben macht und dass man mit Ländern wie Kanada, Mexiko, Japan, Südkorea und anderen enger als bisher zusammenarbeitet und hier die ökonomischen Beziehungen ausbaut. Und man sollte der Versuchung widerstehen, sich nun noch stärker als bisher in die Arme eines nach ökonomischer Hegemonie strebenden China zu werfen

 

-- Dr. Jan Holthusen