China: Kräftigeres Wirtschaftswachstum, aber Strukturschwächen halten an

China meldet für den Jahresauftakt 2024 ein überraschend kräftiges Wirtschaftswachstum von 5,3% (J/J). Staatsinvestitionen und Exporte stützen die Konjunktur aktuell. Die Immobilienkrise setzt sich dagegen fort.
 


Einmal mehr verblüfft China mit unerwartet robusten Zahlen zum Wachstum seiner Wirtschaft. Den Angaben des Statistikamtes zufolge hat das Vorjahreswachstum (J/J) mit 5,3% im abgelaufenen ersten Quartal 2024 ausgehend von 5,2% im Vorquartal sogar noch etwas zugelegt – und das, obwohl ungünstige statistische Effekte (eine hohe Vergleichsbasis vom Jahresauftakt 2023 durch Öffnungseffekte nach dem Null-Covid-Ende) durchaus eine schwächere Wachstumsrate nahegelegt hätten. Auch das Vorquartalswachstum (Q/Q) übertraf die Erwartungen. Mit 1,6% lag es zuletzt wohl ein gutes Stück über dem momentanen Potenzialwachstum. Mit der Vorlage der aktuellen Wachstumszahlen dürfte das von der Staatsführung Anfang März formulierte Wachstumsziel von „um 5%“ für dieses Jahr, das von den meisten Beobachtern als sehr ambitioniert wahrgenommen wurde, in etwas greifbarere Nähe gerückt sein.

 

Ein Blick in die Details der Konjunkturdaten zeigt jedoch ein wesentlich weniger rosiges Bild. Die Talfahrt im Immobiliensektor hat sich auch zu Beginn dieses Jahres fast ungebremst fortgesetzt. Wohnungsnachfrage und -preise sinken, die Wohnungsbautätigkeit schrumpft – eine Bodenbildung ist trotz staatlicher Stabilisierungsbemühungen noch nicht auszumachen. Auch der private Konsum bleibt angeschlagen, die Verbraucher sind gerade aufgrund der unsicheren Lage am Immobilienmarkt stark verunsichert. Verglichen mit dem Schlussquartal 2023 traten die Einzelhandelsumsätze zum Auftakt dieses Jahres nur auf der Stelle. Gestützt wurde die Konjunktur dagegen zum einen von staatlichen Investitionen, durch die im vergangenen Herbst bewilligten, zusätzlichen Finanzmittel in Höhe von 0,8% des BIP. Zum anderen sorgt die Exportoffensive des Landes für ein solides Plus in der Exportindustrie. China flutet gerade die globalen Märkte mit vergünstigten Produkten, insbesondere mit E-Autos, Batterien oder Solarmodulen. Dagegen regt sich allerdings schon jetzt Widerstand in den Hauptabnehmerländern.

 

Die Konjunkturerholung in China steht also auf eher tönernen Füßen. Schon die Wachstumszahlen vom März aus Industrie, Außen- oder Einzelhandel sind durchweg schwächer ausgefallen als in den ersten zwei Monaten des Jahres. Damit könnte der konjunkturelle Schwung bereits im laufenden zweiten Quartal wieder nachlassen. Auch sind die jetzt etwas besseren Wachstumszahlen aus China nur eingeschränkt ein positives Signal für die geschwächte Weltkonjunktur. Chinas Importnachfrage ist immer noch verhalten, auch, weil die Volksrepublik viele Produkte, die sie vor einigen Jahren noch einführen musste, inzwischen selbst herstellt. Aus Deutschland beispielsweise bezieht China mittlerweile deutlich weniger Güter – der Anteil deutscher Produkte an den Gesamtimporten Chinas fällt seit Monaten.

 

-- Monika Boven


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