Eskalation im Nahen Osten

In der Nacht von Samstag auf Sonntag griff der Iran Israel großflächig aus der Luft an. Damit verschärft sich die Lage im Nahen Osten weiter. Hoffnungsvoll stimmt, dass der Iran angekündigt hat, dass keine weiteren Angriffe geplant seien und keine der beiden Seiten ein Interesse an einem offenen Krieg zwischen Israel und dem Iran zu haben scheint. Somit wird es nun von der Reaktion Israels abhängen, wie sich die Situation in den kommenden Tagen oder Wochen entwickelt. 

 

Angesichts der erneuten Eskalation der Lage dürfte der Rohölpreis in diesem Umfeld weiter zulegen. Bei einer Beeinträchtigung der Handelsrouten in der Region sind Preise von 100 US-Dollar und mehr je Barrel nicht auszuschließen. Dauerte ein solcher Ölpreisanstieg länger an, würde sich das nachteilig auf die ohnehin fragile konjunkturelle Lage in Europa auswirken. 

 

Für die Kapitalmärkte bedeuten die Ereignisse des Wochenendes kurzfristig eine erneute Phase erhöhter Unsicherheit. Profitieren dürften als sicher eingeschätzte Anlagen wie das ohnehin schon boomende Gold. Auch der US-Dollar sollte wie häufig bei zunehmenden geopolitischen Unsicherheiten Rückenwind bekommen. 

 

Differenzierter stellt sich das Bild bei den klassischen „sicheren Häfen“, den US-Treasuries und den Bundesanleihen, dar. Ein steigender Ölpreis könnte den Trend sinkender Inflationsraten aufhalten oder möglicherweise für die kommenden Monate auch umkehren. Für die Zentralbanken stellt sich dann die Frage, ob sie wie in der Vergangenheit durch den Inflationseffekt steigender Ölpreise „hindurchschaut“ und somit den mit höheren Energiepreisen verbundenen Konjunkturrisiken Rechnung trägt. Wahrscheinlicher wäre es aber, dass die jüngsten Erfolge bei der Inflationsbekämpfung nicht auf‘s Spiel gesetzt werden sollen und die Notenbanken mit einer Lockerung ihrer Geldpolitik zurückhaltender agieren, als das sonst der Fall wäre. 

 

Für die Aktienmärkte könnte eine andauernde Eskalation der Lage im Nahen Osten Anlass für eine Korrektur der Kursgewinne der letzten Monate sein. Wie tief diese ginge und wie lange sie anhalten würde, wird von der weiteren politischen Entwicklung abhängen. 

- Dr. Jan Holthusen

 


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