Brasilien: Privater Konsum war Zugpferd in Q2

Im zweiten Quartal konnte Brasilien seine Wirtschaftsleistung deutlich stärker steigern als erwartet. Dafür sorgte ein kräftiges Plus beim privaten Konsum. Auf dem Ausblick lasten jedoch das hohe Zinsniveau und die schwache Weltkonjunktur.

 

 

Nach einem kräftigen Jahresauftakt konnte auch in Q2 das BIP sichtbar um 0,9% gesteigert werden. Wegen einer starken Importdynamik drosselte der Netto-Export das Wachstum, während der private Konsum kräftigen Schub lieferte. Der deutlich gesunkene Druck bei den Verbraucherpreisen, die verbesserte Beschäftigungslage und sichtbar gestiegene Löhne dürften sich hier niedergeschlagen haben. Die immer noch restriktive Geldpolitik und die schwache Weltnachfrage sprechen jedoch für ein deutlich schwächeres zweites Halbjahr. 2023 dürfte letztlich das Wirtschaftswachstum bei rund 3% liegen.

 

Wirtschaftsumfragen zeigen ein recht gemischtes Bild. Das vom brasilianischen Industrieverband erhobene Wirtschaftsklima hat sich seit Mai zwar etwas erholt. Im August wurde die Wachstumsschwelle mit einem Wert von 53,2 Punkten sichtbar überschritten. Dies könnte an den verbesserten Aussichten für die US-Wirtschaft, dem zweitwichtigsten Handelspartner, liegen. Weniger optimistische Werte zeigt die Umfrage unter den Einkaufsmanagern durch S&P Global (PMI). Im August lag der PMI für die Industrie nur minimal über der Wachstumsschwelle. Bei den Dienstleistern ging es von Mai bis Juli abwärts, so dass auch dieser Index mit 50,2 Punkten nur auf der Wachstumsgrenze liegt. Der Augustwert steht noch aus.

 

Seit 2012 ist die gesamtwirtschaftliche Leistung Brasiliens nur wenig gewachsen. Zudem wurde das Land von der Corona-Pandemie schwer getroffen. In der Regel liefert der Außenhandel positive Impulse. Erfreulich ist, dass Brasilien derzeit seine Bedeutung als herausragender Exporteur von Agrarprodukten wieder deutlich steigern kann, da wichtige Transportwege im Landesinneren und Häfen an der Nordostküste ausgebaut und modernisiert wurden.

 

Gedrosselt wird die wirtschaftliche Dynamik jedoch durch eine Schwäche bei den privaten Investitionen, die schon vor den kräftigen Zinserhöhungen durch die Notenbank bestand. Bis August 2022 wurde der Leitzins deutlich auf 13,75% erhöht. Zuletzt erfolgte allerdings im August dieses Jahres eine Zinssenkung. In Anbetracht der unerwartet kräftigen BIP-Daten für das zweite Quartal bleibt abzuwarten, wie die nächsten Entscheidungen der Notenbank aussehen werden. Im Frühjahr hatte die Regierung sich deutlich für Zinssenkungen ausgesprochen und eine Debatte über die Unabhängigkeit der Notenbank nahm Fahrt auf.

 

-- Dr. Christine Schäfer


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