Türkei – hohe Inflation steht weiter im Rampenlicht

Auch im Juni lag in der Türkei die Inflation auf hohem Niveau. Die Entspannung beim Preisdruck dürfte weiterhin nur langsam voranschreiten. Die Kehrtwende bei der Geldpolitik wird wohl nur zögerlich ihre Wirkung zeigen.
 

Grafik: AUCH IM JUNI HIELT DIE INFLATION IN DER TÜRKEI DAS HOHE NIVEAU


Die Inflation will in der Türkei das Rampenlicht nicht verlassen. Für Juni wurde jüngst eine Teuerungsrate von 38,2% gemeldet, nach 39,6% im Vormonat. Zugegeben, im Vergleich zum Oktober des vergangenen Jahres, als der letzte Höchststand noch bei einer Rate von 85% lag, ist das eine deutliche Entspannung. Der Rückgang der Inflation ist allerdings vor allem ein gegenläufiger Effekt zum kräftigen Anstieg im Frühjahr 2022 und die Folge gesunkener Energiepreise. Im Kernbereich der Inflation hat sich in den letzten Monaten der Rückzug des Preisauftriebs jedoch nicht fortgesetzt. Die sogenannte Kernrate, die den Warenkorb ohne die Preise für Energie, Nahrungsmittel, Tabak und Alkohol betrachtet, hat für Juni ein Preisplus von stattlichen 47,3% ausgewiesen. Dadurch war sie sogar noch leicht höher als im Vormonat.

 

Erst im vergangenen Monat hat die neu ernannte Notenbankchefin Erkan eine Kehrtwende bei der Geldpolitik vollzogen, indem sie deutlich den Leitzins von 8,50% auf 15,00% erhöhte. Dies geschah vor allem zur Bekämpfung der Inflation. Unter dem wiedergewählten Präsidenten Erdogan und seinem erst seit kurzem im Amt befindlichen Kabinett soll jetzt im Rahmen einer konventionellen Wirtschaftspolitik die Aussicht für die Inflation und für die türkische Lira aufgehellt werden. Vorausgegangen war eine Zeit, in der trotz kräftigen Preisauftriebs wiederholt die Zinsen gesenkt wurden. Der Abwärtstrend bei der Lira hat sich auch nach der Wahl weiter fortgesetzt.

 

Kurzfristige Erfolge sind bei den derzeitigen Hauptaufgaben der Politik jedoch eher nicht zu erwarten. Denn vor allem kräftige Lohnsteigerungen und die Schwäche der Währung halten den Kostendruck bei den Unternehmen hoch, den diese auch weiterhin an die Verbraucher weitergeben dürften. So wurde beispielsweise erst vor wenigen Tagen eine erneute Anhebung des Mindestlohnes beschlossen. Dadurch wird dieser in der zweiten Hälfte 2023 mehr als doppelt so hoch sein wie im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Dies schmälert zwar die Belastungen für die privaten Haushalte und stützt den privaten Konsum. Bei diesem Umfeld aus deutlich erhöhten Zinsen und weiter steigenden Lohnkosten dürften die Unternehmen jedoch zahlreiche Investitionspläne vorerst in der Schublade liegen lassen. Bei einer Inflation, die auch in den kommenden Monaten ihren Rückzug wohl nur sehr zögerlich fortsetzt, rechnen wir für dieses Jahr nur mit einem Wirtschaftswachstum von rund 2%.

 

-- Dr. Christine Schäfer


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