EZB zieht Zinsschraube an - 25 Bp in der Pipeline
Der Kampf gegen die Inflation ist noch nicht gewonnen. Wir rechnen noch mit einer weiteren geldpolitischen Straffung im Juli.
Die europäischen Währungshüter haben im Rahmen ihrer heutigen Zusammenkunft beschlossen, die Leitzinsen um weitere 25 Basispunkte anzuheben. Der Einlagesatz klettert damit auf 3,50%. Dem geldpolitischen Statement zufolge rechnen die Notenbankvertreter zwar mit einem perspektivisch nachlassenden Teuerungsdruck, doch dürfte die Inflationsrate noch für längere Zeit oberhalb des EZB-Zielwertes verharren. Vor diesem Hintergrund erachten die Notenbanker ihre Bemühungen zur Eindämmung der Inflation als noch nicht ausreichend und senden eine hawkishe Botschaft. In einer ersten Reaktion sind die 2J-Bundrenditen bis auf 3,16% geklettert, konnten sich allerdings auf diesem Niveau nicht behaupten.
Lagarde stellt zur Juli-Ratssitzung eine weitere Straffung in Aussicht
Grundsätzlich wollen die Währungshüter über den weiteren geldpolitischen Kurs in Abhängigkeit der zukünftigen Inflationsentwicklung entschieden. EZB-Chefin Lagarde hat im Rahmen ihrer Ausführungen aber keine Zweifel daran gelassen, dass zur nächsten Ratssitzung im Juli mit einem weiteren Erhöhungsschritt zu rechnen ist. Den Notenbank-Vertretern bereitet derzeit vor allem die Lohnentwicklung Kopfzerbrechen. Zwar seien gegenwärtig noch keine Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale auszumachen, doch befürchten die Währungshüter, dass sich der Preisdruck als hartnäckig erweisen könnte. Dieser Umstand spiegelt sich auch in der Aufwärtsrevision der Inflationsprojektionen wider. Weiterhin gehen die EZB-Stabsmitarbeiter davon aus, dass das EZB-Inflationsziel noch für geraume Zeit verfehlt wird. Der Ausblick für die Konjunkturentwicklung wurde von den Stabsmitarbeitern leicht nach unten revidiert. Die EZB-Stabsmitarbeiter zeigen sich dennoch weiter zuversichtlich, dass die europäische Konjunktur mit Blick auf das kommende Jahr an Schwung gewinnen kann.
Hochpunkt im Zinserhöhungszyklus rückt näher ist aber noch nicht erreicht
Die Aussagen von EZB-Chefin Lagarde bestärken uns in unserer Einschätzung, dass die Währungshüter noch vor ihrer Sommerpause im August einen weiteren Zinsschritt um 25 BP beschließen werden. Der weitere geldpolitische Ausblick ist von hoher Unsicherheit behaftet. Wir gehen derzeit davon aus, dass die EZB auf einem Leitzinsniveau von 3,75% (Einlagesatz) pausiert und die Wirkung der bisherigen Straffungsschritte abwartet.
-- Christian Reicherter