China: Wachstumsschub in Q3 bleibt Eintagsfliege

China meldet einen kräftigen Rebound der Wirtschaftsleistung im dritten Quartal. Zahlreiche Belastungen trüben den weiteren Konjunkturausblick aber erheblich.
 


Mit rund einer Woche Verspätung hat China die Konjunkturzahlen für das zurückliegende dritte Quartal und den Quartalsschlussmonat September bekannt gegeben. Die Verschiebung der Veröffentlichung hatte schon Spekulationen befeuert, die Daten seien so schwach, dass sie den zeitgleich laufenden Parteitag der Kommunistischen Partei überschattet hätten. Das hat sich jetzt so nicht bestätigt, die Werte sind größtenteils sogar kräftiger ausgefallen als erwartet. Erst auf den zweiten Blick offenbaren sie deutliche Schwächen der aktuellen Wirtschaftslage.

 

Das jetzt gemeldete Vorquartalswachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ist mit 3,9% zwar weit überdurchschnittlich, der Wachstumsschub geht aber vor allem auf Öffnungseffekte nach dem wochenlangen Lockdown in Schanghai zurück, der im zweiten Quartal noch hohe wirtschaftliche Verluste verursacht hatte. Im Schnitt beträgt das BIP-Wachstum über das Sommerhalbjahr damit nur verhaltene 0,5% pro Quartal und das Vorjahreswachstum ist mit (ebenfalls) 3,9% immer noch weit entfernt von dem ursprünglich für dieses Jahr formulierten Wachstumsziel von 5,5%. Gleichzeitig besteht wenig Aussicht auf eine Fortsetzung der kräftigen Entwicklung im soeben begonnenen Schlussquartal. Viele Indikatoren – von schwachen Einkaufsmanagerbefragungen, über sinkende Exporte in die USA bis zu saisonuntypisch steigenden Arbeitslosenzahlen – lassen schon im September wieder eine Abschwächung der Konjunkturdynamik erkennen.

 

Grundsätzlich kämpft die chinesische Wirtschaft aktuell gleich an mehreren Fronten mit Belastungen, drei der vier wichtigsten konjunkturellen Standbeine stehen unter Druck. Die Exportindustrie leidet unter der zunehmend schwächeren Weltkonjunktur, wobei der Abschwung gerade erst beginnt. Der private Konsum lahmt, weil die Verbraucher durch die Null-Covid-Politik zutiefst verunsichert sind. Und der Immobiliensektor durchläuft eine tiefe Krise, ausgelöst vor allem durch deutlich verschärfte Regulierung. Nur die staatlichen Infrastrukturinvestitionen steigen, können aber die schrumpfende Wohnungsbautätigkeit kaum mehr als ausgleichen. Vor diesem Hintergrund dürfte die chinesische Wirtschaft in diesem Jahr höchstens um rund 3% wachsen, während 2023 vor allem statistische Effekte dazu beitragen, dass die Wachstumsrate etwas höher bei über 4% liegen dürfte.

 

Das größte Konjunkturrisiko bleibt jedoch die rigorose Null-Covid-Politik, an der die Staatsführung auch nach dem Parteitag erst einmal unbeirrt festhalten will. Kommt es aber durch erneute Lockdowns wieder zu einem Wachstumseinbruch wie im Frühjahr, sind selbst diese vorsichtigen Wachstumsprognosen Makulatur.

 

-- Monika Boven


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