DAX-Prognoseanpassung, gedämpfter Optimismus

Die aktuell negative Anlegerstimmung könnte sich im zweiten Halbjahr verfestigen, Potenzial für positive Überraschungen besteht weiterhin.

 

Die starken Kursreaktionen der vergangenen Tage haben bewiesen, dass sich der Aktienmarkt unverändert in einem Krisenmodus befindet. Die großen Konjunkturrisiken sind bei Anlegern weiterhin präsent. Der Ukraine-Krieg, die Inflationsentwicklung und die Null-Covid-Politik in China schüren fortwährend die Angst vor starken Einbußen bei Unternehmensgewinnen infolge einer Konjunktureintrübung. Die schlechte Anlegerstimmung drückt zusammen mit erneut angestiegenen Anleiherenditen derzeit die Aktienkurse in Richtung der Jahrestiefs.

 

Wir erwarten, dass sich das derzeit negative Sentiment in der zweiten Jahreshälfte verfestigen könnte, denn die negative Nachrichtenlage dürfte vor allem in den anstehenden kalten Monaten nicht abreißen. Wenn auch bereits zum Teil deutliche Gewinneinbußen für die Unternehmen in den aktuellen Aktienkursen reflektiert werden, birgt das Nachrichtenrisiko weiterhin das Potenzial, Druck auf Aktienkurse auszuüben. Speziell zyklische Titel in Europa wären davon betroffen. Die Hoffnung auf wachstumsfördernde Stimuli aus China ist mit den sehr verhaltenen Reaktionen auf das jüngst verkündete Konjunkturprogramm ein großes Stück verflogen. Solange die chinesische Regierung an ihrer harten Null-Covid-Politik festhält, zweifeln Marktteilnehmer daran, dass die Maßnahmen greifen und sich Nachfrage sowie Wachstum regenerieren werden.

 

Vor diesem Hintergrund reduzieren wir unser Indexziel für den DAX zum Jahresende 2022 von 14.500 auf 14.000 Punkte. Mit dieser Prognoseanpassung tragen wir zwar einer verfestigten Stimmungseintrübung am Aktienmarkt Rechnung, werden jedoch nicht pessimistisch, denn (a) die schlechte Anlegerstimmung birgt weiterhin das Potenzial für positive Überraschungen, auf die der Aktienmarkt nachweislich stark reagiert, (b) die Angst vor einer starken Konjunktureintrübung wird derzeit sehr hochgespielt, entsprechend kräftig sind die in den Aktienkursen bereits eingepreisten Gewinneinbußen der Unternehmen und (c) der Arbeitsmarkt zeigt sich sowohl in Europa als auch in den USA robust mit fortwährendem Fachkräftemangel bzw. offenen Stellenausschreibungen. Die großen gelisteten Aktiengesellschaften in der DAX-Familie und im S&P 500 können sehr erfolgreich durch die Krisensituation navigieren, denn sie besitzen mit ihren starken Marken eine hohe Preissetzungsmacht bei Endkunden und können gleichzeitig aufgrund ihrer schieren Größe über große Einkaufsvolumina ihre Inputkosten überschaubar halten. Hier sind die tendenziellen Inflations- und Krisengewinner zu finden, dies belegen nachweislich die realisierten Quartalsgewinne sowie die robusten Geschäftsausblicke.

-- Sven Streibel


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