Russland geht einen weiteren Schritt auf der Eskalationsleiter

Die Russland-Ukraine-Krise ist weiter eskaliert. Westliche Sanktionen sind nun zu erwarten, deren Ausmaß ist aber noch nicht klar und hängt wohl vom weiteren Vorgehen Russlands ab.

 

Letzte Nacht sind schwer bewaffnete russische Truppen in die Separatistengebiete in der Ostukraine eingerückt. Zuvor waren die Gebiete offiziell von Russland als eigenständig anerkannt worden und eine Art Beistandspakt geschlossen worden.

 

Damit hat Russland die Krise weiter eskaliert, der Bruch des Völkerrechts ist offensichtlich. Entscheidend ist nun zunächst, wie das weitere Vorgehen Russlands ist und wie die Reaktionen der Ukraine und der westlichen Länder ausfallen. Schließlich sind in den vergangenen Wochen umfassende Sanktionen angedroht worden für den Fall einer weiteren militärischen Eskalation der Krise durch Russland.

 

Eine Deeskalation der Krise durch ein Zurückziehen der Truppen aus den Separatistengebieten dürfte trotz der diplomatischen Bemühungen kurzfristig sehr unwahrscheinlich sein. Es besteht nun die Möglichkeit, dass Russland – zumindest vorerst – mit dem Status quo zufrieden ist und nicht weiter auf ukrainisches Gebiet vorrückt. Oder aber der aktuelle Einmarsch in die Separatistengebiete ist nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer größeren militärischen Invasion in die Ukraine.

 

Die westlichen Länder müssen nun entscheiden, ob sie die vorbereiteten Sanktionen stufenweise oder in einem Schritt in Kraft setzen. Für das stufenweise Vorgehen spricht, dass man sich so weitere Maßnahmen für eine fortschreitende Eskalation in der Hinterhand behalten würde.

 

Über die vorbereiteten Sanktionen sind bisher keine Details bekanntgegeben worden. Grundsätzlich ist von weiteren Handels- und Finanzsanktionen auszugehen, über die hinaus, die bereits 2014 nach der Annexion der Krim in Kraft gesetzt worden sind. Während man sich 2014 bei den Handelssanktionen weitgehend auf militärische sowie Dual-use-Güter beschränkt hat, dürften nun umfassendere Ausfuhrverbote in Kraft treten, besonders für High-tech-Güter. Gemeinsame Projekte wie etwa Nordstream 2 dürften gestoppt werden. Bei den Finanzsanktionen sind der Ausschluss von russischen Banken vom Zahlungsverkehr sowie das Verbot des Handels mit russischen Anleihen denkbar. Daneben sind weitere Sanktionen gegen Individuen sowie deren Vermögenswerte zu erwarten.

 

Das deutsche Exportvolumen nach Russland lag im vergangenen Jahr bei 26,6 Mrd. Euro, das entspricht knapp 2% der gesamten deutschen Exporte und etwa 0,7% des deutschen Bruttoinlandsproduktes. Die wichtigsten Exportbranchen Deutschlands im Handel mit Russland sind der Maschinenbau (ca. 22% aller Exporte nach Russland), die Autoindustrie (17%), die Chemie- (11%) und die Pharmabranche (10%).

 

Einen westlichen Importstopp für russisches Öl und Gas dürfte es zunächst nicht geben. Dennoch werden die Energiepreise wohl weiter ansteigen, denn auch ein Exportstopp Russlands als „Gegensanktion“ ist durchaus denkbar. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise hängen nun maßgeblich davon ab, ob die Krise noch weiter eskaliert und welche Sanktionsmaßnahmen ergriffen werden.

 

--Dr. Michael Holstein


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