Die Ampel und die Staatsfinanzen

SPD, FDP und die Grünen haben ihren Koalitionsvertrag vorgestellt und darin eine Art Marshall-Plan für Deutschland skizziert, der weit über die nächste Legislaturperiode hinauswirken wird. „Mehr Fortschritt wagen“ lautet der Slogan, und der Vertragstext liest sich wie ein Manifest, je nach Sichtweise „angemessen“ bis „enttäuschend“, um bis 2045 CO2-Neutralität zu erreichen.

Die Koalitionäre haben sich nicht weniger als die perfekte Symbiose aus Ökologie und Ökonomie vorgenommen. Hierfür sollen bewährte Tugenden erhalten bleiben, zu denen in Deutschland vor allem auch solide Staatsfinanzen zählen, von denen man in der Corona-Krise profitierte, um fiskalisch gegenzusteuern. Daher wurde verabredet, die Schuldenbremse mit leichten Anpassungen wieder in Kraft treten zu lassen. Damit darf Deutschland ab 2023 nur noch das ausgeben, was es auch durch Steuern und Abgaben einnimmt.

Die Ampel steht vor einer finanziellen Quadratur des Kreises – es soll massiv investiert und ausgeglichen gewirtschaftet werden. Dass das Trio fiskalische Kreativität besitzt, zeigt der Gesamttilgungsplan für die Corona-Schulden oder die Teilausnahme von Sondervermögen aus der Schuldenregel.

Dennoch bleibt beim Finanziellen vieles im Vagen. Im nächsten Jahr darf die Gesamtverschuldung noch steigen. Gelder, die 2021 für Corona-Maßnahmen vorgesehen waren, aber nicht genutzt wurden, sollen in den neuen Klima- und Transformationsfonds fließen. Dessen Finanzierung ab 2022 bleibt aber vorerst unklar. Vermutlich wird das Green Bond-Segment wachsen, wahrscheinlich sogar schneller als bislang.

Um aber die Transformation der Bundesrepublik zu beschleunigen, braucht es mehr. Die Förderbank KfW soll noch stärker als bisher als Innovations- und Investitionsagentur wirken, die per Risikoabsicherung private Investitionen fördert. Dieser Ansatz würde mit Superabschreibungen für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung gehebelt werden. Zudem ist geplant, staatliche Gesellschaften mit Kreditermächtigungen auszustatten und deren Eigenkapital zu stärken, um Investitionen zu ermöglichen. Bei Subventionen wird hingegen der Rotstift angesetzt.

Vor allem hofft man aber wohl auf ein starkes Wachstum und damit einen positiven Primärsaldo, mit dem die Rechnung bezahlt werden kann. Ansonsten geht wohl an Ausgabenkürzungen kein Weg vorbei, die dem Koalitionsfrieden sicher nicht guttäten. Es bleibt daher abzuwarten, ob Investieren und Sparen tatsächlich gleichermaßen sakrosankt sind.

-- René Albrecht

 


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