China: Konjunktur bremst im dritten Quartal empfindlich ab
Lange galt China als Gewinner der Corona-Pandemie und die frühe, kräftige Erholung der chinesischen Wirtschaft als willkommenes Zugpferd aus der globalen Rezession des vergangenen Jahres. Inzwischen aber verliert der Konjunkturaufschwung in China mehr und mehr an Tempo. Die Wirtschaftsleistung hat mit einem Mini-Wachstum von 0,2% (Q/Q) über die Sommermonate kaum mehr als stagniert. Die Vorjahresrate ging sogar um volle drei Prozentpunkte auf 4,9% zurück, wobei allerdings auch nachlassende Basiseffekte eine Rolle spielten. Vor allem zahlreiche politische Entscheidungen haben zur Drosselung des Wachstums beigetragen und die Aussichten sind erst einmal verhalten.
Deutliche Bremseffekte gingen vom privaten Konsum aus, der zu Beginn des Quartals aufgrund neuer Corona-Einschränkungen deutlich einknickte. Allerdings konnten sich die Einzelhandelsumsätze im September mit den Lockerungen der Maßnahmen wieder erholen. Neue Restriktionen sind zwar gerade in den bevorstehenden Wintermonaten jederzeit wieder möglich, mit den zunehmenden Impffortschritten könnte sich die chinesische Regierung aber von ihrer bislang verfolgten strikten Null-Covid-Strategie bald allmählich lösen.
Entscheidender für den weiteren Konjunkturverlauf ist jedoch die Lage am Immobilienmarkt und in der Energieversorgung. Diese Doppel-Belastung hat sich zwar erst gegen Ende des Quartals zugespitzt, erste Bremsspuren sind aber bereits in den aktuellen Zahlen zu erkennen und sie dürften sich im soeben begonnenen Schlussquartal fortsetzen. So trat die Industrie angesichts wiederholter Stromabschaltungen im September nur auf der Stelle. Der Strommangel hat ein ganzes Bündel von Gründen, die von Emissionseinsparzielen über eine ausgeprägte Knappheit an Kohle bis hin zu rasant gestiegenen Kohlepreisen reichen und den Versorgern Verluste bescheren, weil sie die hohen Kosten kaum auf die Abnehmer überwälzen können. Eine schnelle Entschärfung der Energiekrise ist nicht absehbar, aktuell bemüht sich die Regierung aber um eine Ausweitung der Kohle- und Gasimporte, so dass sich die Lage in wenigen Monaten wieder etwas entspannen dürfte.
Angesichts des drohenden Kollaps des Immobilienriesen Evergrande haben die Wohnungsverkäufe im September weiter deutlich nachgegeben. Die „pre sales“-Praxis, bei der Interessenten häufig Jahre vor Fertigstellung der Immobilie mit einem Großteil der Kaufsumme in Vorkasse gehen müssen, hat die Käufer vorsichtig gemacht. Das wiederum beginnt die gesamte Branche zu belasten, der die Erträge wegbrechen. Auch die Bautätigkeit ist zuletzt gesunken. Derweil schwelt die Krise um Evergrande weiter, da die Regierung an ihrer Schuldenbremse für den Sektor strikt festhält. Bislang sind lediglich Rettungsmaßnahmen für die Immobilienkäufer geplant, was zumindest weitere Belastungen für den privaten Konsum mildern dürfte.
Wahrscheinlich wird die chinesische Wirtschaft auch im laufenden Quartal kaum wachsen. Das Wachstumsziel der Regierung von 6% wird in diesem Jahr zwar nicht gefährdet sein, das Vorjahreswachstum dürfte jetzt im Schlussquartal jedoch deutlich unter den Zielwert sinken und erst nächstes Jahr allmählich wieder anziehen.
Monika Boven
