Corona-Pandemie beendet deutschen Immobilienboom

Die Corona-Pandemie sorgt nicht nur für den Lockdown der wirtschaftlichen Aktivität, sie beendet auch den rund zehn Jahre währenden Boom am deutschen Immobilienmarkt. Zuvor haben die rund laufende Wirtschaft, wachsende Beschäftigung und sinkende Zinsen die Immobilienpreise auf ein teilweise hohes Niveau gehoben. Die Preise für selbstgenutztes Wohneigentum kletterten seit 2009 deutschlandweit um 55 Prozent, in den sieben größten Städten verdoppelten sie sich. Bei Gewerbeimmobilien haben sich die Mietrenditen auf bis unter 3 Prozent gut halbiert. Ganz rund lief der Immobilienmarkt allerdings auch vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie nicht mehr. Bei Wohnungen verlangsamte sich vor allem in den teuren Städten der Anstieg von Preisen und Mieten. Immer neue Regulierungseingriffe erschweren zudem das Vermietungsgeschäft. Im Einzelhandel sinken die Mieten bereits.

Bleibt es auch dank der Hilfspakete von EZB und Regierung bei einer kurzen Rezession und einer kräftigen Erholung, dürfte der Immobilienmarkt insgesamt mit einem „blauen Auge“ davonkommen. Der Wohnungsbedarf ändert sich nicht durch die Krise. Im Wesentlichen gilt das auch für Büros, wenn ein starker Stellenabbau ausbleibt. Logistik könnte vom wachsenden Online-Shopping und von einer zunehmenden Lagerhaltung sogar profitieren. In diesen Marktsegmenten ist das Angebot aufgrund des niedrigen Neubauvolumens so knapp, dass auch bei einem Nachfragerückgang kein Überangebot droht.

Vermieter müssen sich allerdings als Folge von Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit sowie wegbrechenden Umsatzerlösen auf Mietausfälle einstellen. Letzteres betrifft vor allem den Handel. Durch das erfolgreiche Online-Shopping sind nicht wenige Einzelhändler ohnehin finanziell angeschlagen, sodass Reserven zur Überbrückung des Lockdowns fehlen. Noch trüber sieht es für Hotels aus, die nicht einmal auf Nachholeffekte hoffen können. Zudem könnte die Corona-Krise den Immobilienmarkt nachhaltiger als frühere Rezessionen beeinflussen. Sie treibt die Digitalisierung insgesamt und die Flexibilisierung der Arbeitswelt voran. Homeoffice könnte zum Standard werden und die Büroflächennachfrage senken, während das Online-Shopping noch schneller zulegt und den klassischen Einzelhandel stärker als bisher belastet.

Das meist knappe Immobilienangebot und die wohl weiterhin niedrigen Zinsen mindern die Gefahr fallender Preise. Am ehesten drohen Preisrückgänge in den schon teuren Großstädten. Perspektivisch dürfte der Immobilienkauf für Privatnutzer attraktiv bleiben, schließlich sind die Finanzierungsraten oft niedriger als die Miete. Die Investorennachfrage sollte sich trotz schlechterer Vermietungsperspektiven ebenfalls stabilisieren. Das Anlageproblem ist angesichts negativer Anleiherenditen und hoher Unsicherheit an den Aktienmärkten nicht gelöst. Am Wohnungsmarkt reduziert zudem die moderate Verschuldung der privaten Haushalte die Risiken. Eine länger dauernde Wirtschaftskrise dürfte den Immobilienmarkt aber nachhaltig belasten und hätte das Potenzial spürbar fallender Preise für Wohnungen und Gewerbeimmobilien. Kreditausfälle und abschmelzende Sicherheitenwerte könnten Verluste im Finanzierungsgeschäft hervorrufen.

 


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